Roche, You und wer? - Ein Blick auf das nächste Konsistorium!
Am 27. Mai wurde die Ernennung des englischen Erzbischofs Arthur Roche als Nachfolger von Kardinal Robert Sarah an der Spitze der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung öffentlich gemacht. Mit dieser Ernennung war eines klar: England wird in absehbarer Zukunft einen zweiten Papstwähler bekommen!
In der katholischen Kirche gibt es bestimmte Ämter, die normalerweise immer von einem Bischof mit der Würde eines Kardinals bekleidet werden, und obwohl Papst Franziskus oft mit diesen Traditionen gebrochen hat, hat er bisher alle Bischöfe, die er als Präfekten einer Kongregation ernannt hat, in das Kardinalskollegium aufgenommen. So ist es sicher, dass Arthur Roche unter den Bischöfen (und Priestern) sein wird, denen Papst Franziskus beim nächsten Konsistorium im Petersdom das rote Birett aufsetzen wird.
In jedem Jahr seines bisherigen Pontifikats hat Papst Franziskus ein Konsistorium abgehalten, auch das Pandemiejahr 2020 hat ihn nicht davon abgehalten. Deshalb wäre es sehr überraschend, wenn Papst Franziskus sich dieses Jahr dagegen entscheiden würde, zumal er zwei Präfekten im Amt hat, die noch nicht zum Kardinalskollegium gehören.
Wenn wir außerdem einen Blick auf die ausscheidenden Papstwähler werfen, sehen wir, dass bis zu dieser Zeit im nächsten Jahr sieben der derzeitigen päpstlichen Wahlmänner ihren 80. Geburtstag erreicht haben werden und somit ihr Wahlprivileg verlieren. Zuletzt verlor der australische Kardinal George Pell am 8. Juni dieses Jahres sein Wahlprivileg, womit die Zahl der Papstwähler auf 124 gesunken ist. Bis zum Ende dieses Jahres wird die Zahl der päpstlichen Wahlmänner noch auf 121 sinken.
Mit Arthur Roche und auch Lazarus You Heung-sik, dem designierten Präfekten der Kleruskongregation sollten bereits zwei Bischöfe feststehen, die in das Kardinalskollegium aufgenommen werden sollte, aber wie sieht es mit anderen Kandidaten aus? In den folgenden Zeilen will ich einmal einige Namen (und Orte) nennen, die an einem Sonntag in der Zukunft vom Fenster des Apostolischen Palastes erklingen könnten!
Mario Delpini, Erzbischof von Mailand (Italien)
Papst Franziskus hat sich, wie oben erwähnt, oft dafür entschieden, Diözesen, die traditionell von einem Kardinal geleitet werden, nicht in sein Konsistorien zu berücksichtigen - darunter auch die Erzdiözese Mailand!
Das größte Bistum Italiens (und Europas) wird von Mario Delpini geleitet, der im Juli 2017 von Papst Franziskus zum Nachfolger von Kardinal Angelo Scola ernannt wurde. Delpini ist ein Bischof nach dem Maße Franziskus’: pastoral orientiert, mit großer Sorge um soziale Ungerechtigkeiten und fähig, verschiedene Lager zu vereinen!
Trotzdem ist Delpini bisher nicht in das Kardinalskollegium aufgenommen worden, was sich im kommenden Jahr ändern sollte! Der Grund: Kardinal Angelo Scola wird am 7. November dieses Jahres sein 80. Lebensjahr vollenden und damit sein Wahlrecht im nächsten Konklave verlieren!
Bereits in meinem Artikel “Eine Analyse: Wie Papst Franziskus seine Kardinäle auswählt” habe ich die These aufgestellt, dass Papst Franziskus lediglich einen Papstwähler aus jeder Diözese haben will. Da Angelo Scola, der 2013 als Papabile galt, seinen Status als Papstwähler verlieren wird, sollte nun nichts mehr dagegen sprechen, dass Mario Delpini in das Kardinalskollegium aufgenommen wird.
Michael Didi Adgum Mangoria, Erzbischof von Khartoum (Sudan)/Stephen Ameyu Martin Mulla, Erzbischof von Juba (Südsudan)
Es war im Jahr 2019 ein Bild, das um die Welt ging: Papst Franziskus kniet vor dem Präsidenten von Südsudan nieder und küsst seine Füße!
Das Ende des Bürgerkriegs im Südsudan lag Papst Franziskus so am Herzen, dass er zu dieser drastischen Geste griff und es würde mich nicht überraschen, wenn Papst Franziskus einen Bischof aus der Region in das Kardinalskollegium aufnehmen würde.
Als Erstes denke ich dabei an den 62-jährigen Erzbischof von Khartoum, Michael Didi Adgum Mangoria, der im Jahr 2016 die Leitung von Kardinal Gabriel Zubeir Wako übernahm. Im Februar dieses Jahres vollendete Wako, der im Jahr 2003 von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal ernannt wurde, sein 80. Lebensjahr. Wenn Franziskus auch hier strikt auf die, ich nenne es einmal, “80-Jahre-Regel” setzt, dann wäre Mangoria ein logischer Kandidat für ein Konsistorium.
Sollte Papst Franziskus jedoch direkt einen Bischof aus dem Südsudan ernennen wollen, dann wäre vermutlich der 57-jährige Erzbischof von Juba, Stephen Ameyu Martin Mulla, ein aussichtsreicher Kandidat!
Rino Fisichella, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung
Die Anzahl der Kurienbischöfe, die unter einem anderen Papst normalerweise bereits Teil des Kardinalskollegiums sein sollten, ist nicht gerade klein. Einer von diesen Kurienbischöfen ist Rino Fisichella und doch glaube ich, dass er in diesem Jahr sein rotes Birett bekommen könnte!
Zuletzt hatte Papst Franziskus im Januar dieses Jahres Fisichella damit betraut, in seiner krankheitsbedingten Abwesenheit eine Heilige Messe im Petersdom zu zelebrieren, was den ein oder anderen Experten überrascht hatte. Außerdem soll Papst Franziskus sehr erfreut gewesen sein über die Organisation des täglichen Rosenkranzgebetes an verschiedenen Wallfahrtsorten, die von Fisichella und dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Neuevangelisierung im Monat Mai koordiniert wurde.
Es ist also nicht abwegig zu vermuten, dass der 69-jährige Italiener in das Kardinalskollegium aufgenommen werden könnte.
Virgílio do Carmo da Silva SDB, Erzbischof von Dili (Osttimor)
Im September 2019 erhob Papst Franziskus das Bistum von Dili zu einem Erzbistum und ernannte den bisherigen Bischof, Virgílio do Carmo da Silva SDB, zu dessen ersten Erzbischof!
Der eine oder andere Leser mag noch nie von Osttimor gehört haben, und doch haben wir es mit dem Land zu tun, das mit ~98% den höchsten Prozentsatz an katholischen Einwohnern nach dem Vatikan aufweist.
Es war also an der Zeit, dass das Land, das nur etwas mehr als eine Million Einwohner hat, eine eigene Erzdiözese bekommt, und es muss nicht "dabei bleiben". 1989 besuchte Papst Johannes Paul II. den Inselstaat, und es wird immer wieder spekuliert, dass Papst Franziskus auf einer zukünftigen Asienreise nach Dili, Osttimor, kommen könnte. Zuletzt wurden Indonesien und Osttimor von schrecklichen Überschwemmungen heimgesucht, woraufhin Papst Franziskus direkt seine Anteilnahme aussprach.
Hin und wieder verleiht Papst Franziskus ein rotes Birett an Bischöfe, die eine von Naturkatastrophen oder anderem Leid betroffene Diözese leiten. Wenn wir alle diese Faktoren zusammennehmen, könnten wir bald den ersten Kardinal aus Osttimor haben!
Neben Virgílio do Carmo da Silva SDB könnte hier auch Carlos Filipe Ximenes Belo SDB, ehemaliger Apostolischer Administrator von Dili und Friedensnobelpreisträger aus dem Jahr 1996, infrage kommen.
Andrew Nkea Fuanya, Erzbischof von Bamenda (Kamerun)
Die Frage bei Andrew Nkea Fuanya sollte nicht sein, ob er eines Tages in das Kardinalskollegium aufgenommen wird, sondern wann er in das Kardinalskollegium aufgenommen wird!
Im Rahmen der Bischofssynode 2018 wurde deutlich, dass nicht nur viele Teilnehmer der Bischofssynode von dem mittlerweile 55-jährigen Kameruner angetan seien, sondern auch Papst Franziskus selbst viel von ihm hält!
Die Bestätigung dieser Beobachtung folgte im Dezember 2019 als Papst Franziskus den bisherigen Bischof von Mamfe zum Erzbischof von Bamenda ernannte. Zwar ist Bamenda hinter den Erzbistümern von Yaoundé und Douala nur das drittgrößte Bistum Kameruns und doch ist es vermutlich das Bistum mit dem größten Wachstum! So bezeichnete CNA Deutsch die Situation in dem Bistum als “boomend”, da “die Bevölkerung der Erzdiözese zwischen 2015 und 2018 bei 1,4 Millionen Menschen stabil blieb, der Anteil der Katholiken im gleichen Zeitraum [jedoch] von 29% auf 42% [stieg].”
Das Land Kamerun hat nach dem Tod des 90-jährigen emeritieren Erzbischofs von Douala, Kardinal Christian Wiyghan Tumi, im April 2021 nicht nur keinen Papstwähler mehr, sondern allgemein keine Vertretung im Kardinalskollegium. Der Zeitpunkt für die Aufnahme des jungen afrikanischen Erzbischofs könnte also bevorstehen!
Walmor Oliveira de Azevedo, Erzbischof von Belo Horizonte (Brasilien)
Ungefähr 27,9 % aller Katholiken leben aktuell in Südamerika und doch kommen aktuell nur 14 der 124 Papstwähler aus einem südamerikanischen Land. Es ist weit bekannt, dass Papst Franziskus eine universalere Kirche will und deshalb auch des Öfteren mehr Bischöfe aus anderen Kontinenten, wie Europa in das Kardinalskollegium aufnimmt.
17 der bisher 101 von Papst Franziskus ernannten Kardinäle kamen aus Südamerika, jedoch vermute ich aktuell, dass dieser Anteil im nächsten Konsistorium höher ausfallen könnte.
An Kandidaten aus Südamerika mangelt es Franziskus, der durch sein vorheriges Engagement als Erzbischof von Buenos Aires und als Meinungsführer in dem Lateinamerikanischen Bischofsrat (CELAM) viele Kontakt in Südamerika hat, nicht und doch sollte es nicht ganz einfach sein, die schlussendlichen Kandidaten “vorherzusagen”, denn auch hier (wie bei allen anderen Ernennungen auch) hat Franziskus teilweise unerwartete Entscheidungen getroffen.
An erster Stelle will ich jedoch mit Walmor Oliveira de Azevedo den amtierenden Präsidenten der brasilianischen Bischofskonferenz nennen. Der mittlerweile 67-jährige Brasilianer wurde bereits im Alter von nur 43 Jahren zum Weihbischof von São Salvador da Bahia ernannt und im Alter von 47 Jahren wurde er dann direkt zum Erzbischof von Belo Horizonte ernannt, einen Posten, den er noch heute innehat. Von Beginn an war Oliveira de Azevedo unter den brasilianischen Bischöfen angesehen, die ihn als einen ihrer 22 Delegierten zur oft zitierten 5. Generalkonferenz der CELAM nach Aparecida, Brasilien schickten.
Walmor Oliveira de Azevedo wäre eine logische Wahl für das Kardinalskollegium, jedoch sind die logischen Kandidaten oftmals nicht die für die sich Papst Franziskus am Ende entscheidet (die kürzliche Ernennung von Lazarus You Heung-sik ist dafür das ansehlichste Beispiel).
Ricardo Ernesto Centellas Guzmán, Erzbischof von Sucre (Bolivien)
Ein weiterer Kandidat aus Südamerika sollte Ricardo Ernesto Centellas Guzmán sein, der erst im vergangenen Jahr zum Erzbischof von Sucre, Bolivien ernannt wurde, davor jedoch bereits seit dem Jahr 2015 die bolivianische Bischofskonferenz leitet.
Zwar hat Bolivien mit Kardinal Toribio Ticona Porco ein Mitglied im Kardinalskollegium, jedoch war dieser bereits bei seiner Ernennung im Jahr 2018 über 80 Jahre alt und damit nicht wahlberechtigt. Unklar ist jedoch, ob Papst Franziskus so schnell erneut einen Prälaten aus Bolivien zum Kardinal ernennen will, zudem ist Guzmán erst 58 Jahre alt, weshalb Franziskus andere Bischöfe aus Südamerika bevorzugen könnte. Guzmán ist jedoch kein Unbekannter für Franziskus, denn auch mit ihm arbeitete der ehemalige Erzbischof von Buenos Aires eng bei der bereits erwähnten 5. Generalkonferenz der CELAM zusammen, die Guzmán, damals Weihbischof von Potosí, als einer von drei Delegierten Boliviens besuchte.
Héctor Miguel Cabrejos Vidarte, Erzbischof von Trujillo (Peru)
Auch der amtierende Erzbischof von Trujillo, der seit dem Jahr 2019 zudem als Präsident der CELAM dient, war auf der 5. Generalkonferenz der CELAM vertreten und ist seither eine sehr einflussreiche Persönlichkeit in Südamerika!
Die Frage bei Héctor Miguel Cabrejos Vidarte sollte die gleiche wie bei Guzmán sein: Erst im Jahr 2018 ernannte Papst Franziskus mit dem Erzbischof von Huancayo, Pedro Barreto SJ, einen Peruaner in das Kardinalskollegium, also wird er nun einen zweiten Peruaner in das Kardinalskollegium aufnehmen oder sich eher für einen anderen südamerikanischen Bischof entscheiden?
Es wird allgemein erwartet, dass der Erzbischof von Lima, Carlos Castillo Mattasoglio, in Zukunft in das Kardinalskollegium aufgenommen werden soll, jedoch ist dessen Amtsvorgänger, Kardinal Juan Luis Cipriani Thorne, noch wahlberechtigt, wodurch Papst Franziskus auch auf diesen “warten” könnte. Die “Kardinalfrage” in Peru könnte tatsächlich interessant werden!
Zu guter Letzt will ich noch kurz drei weitere Namen nennen. Zum einen könnte der frisch ernannte Erzbischof von Durban (Südafrika), Mandla Siegfried Jwara, relativ schnell in das Kardinalskollegium aufgenommen werden, da dessen Vorgängern, Kardinal Wilfrid Napier OFM, im März dieses Jahres sein 80. Geburtstag gefeiert hat.
Diejenigen, die meinen Blog schon eine Weile verfolgen, wissen, dass ich Nunzio Galantino, den Präsidenten der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls, für eine sehr wichtige Figur im Pontifikat von Papst Franziskus halte, die aber zu wenig Aufmerksamkeit erhält. Galantino könnte aber in den kommenden Jahren eine noch größere öffentliche Rolle einnehmen, und es ist nicht auszuschließen, dass er in absehbarer Zeit in das Kardinalskollegium aufgenommen wird.
Im Jahr 2015 ernannte Papst Franziskus den Erzbischof von Hanoi (Vietnam) zum Kardinal, nun ist dessen Nachfolger, Joseph Vu Van Thien, seit drei Jahren im Amt und auch hier wird erwartet, dass es zu einer möglichen Kardinalsernennung kommen könnte.
Anmerkung: Die potenziellen Nachfolger von den Kardinälen Leonardo Sandri, Marc Ouellet, Gianfranco Ravasi und co. wurden hier nicht berücksichtigt, jedoch sollte für sie dasselbe gelten, wie für Arthur Roche und Lazarus You Heung-sik!