Eine Analyse: Wie Papst Franziskus seine Kardinäle auswählt
Dieser Beitrag erschien bereits vor ungefähr einem Jahr auf meinem alten Blog! Für den “Umzug” auf diese neue Seite, habe ich diesen jedoch noch einmal überarbeitet und einige neue Informationen ergänzt.
Wenn ein Papst neue Kardinäle ernennt, dann stürzen sich viele Menschen schon fast auf die Namen, denn unter ihnen könnte nicht nur das nächste Oberhaupt der Katholischen Kirche sein, sondern man kann auch erkennen, ob der aktuelle Papst eventuell einen Fokus auf ein bestimmtes Thema legt.
Wie Papst Franziskus an seine Kardinalsernennung herangeht, habe ich hier einmal versucht zu analysieren:
Adieu, Traditionelle Kardinalsbistümer
Das erste, was jeder aufmerksame Beobachter wahrscheinlich bemerken wird, wenn er die neuen designierten Kardinäle betrachtet, ist, dass mehrere (Erz-) Diözesen, die normalerweise von einem Kardinal geleitet werden, bei den Konsitorien von Papst Franziskus ignoriert werden.
Der aus Argentinien stammende Papst setzt scheinbar eher auf Diözesen, die seit Jahrhunderten oder sogar noch nie einen Bischof mit der Kardinalswürde hatten.
In Italien wird dies sehr deutlich, da dort die Erzbischöfe von Perugia, Siena, Ancona-Osimo und L'Aquila anstelle des Patriarchen von Venedig und den Erzbischöfen von Mailand, Turin und Palermo in das Kardinalskollegium aufgenommen wurden. In den Vereinigten Staaten erhob er den Erzbischof von Indianapolis vor den Erzbischöfen von Detroit, St. Louis, Philadelphia und Baltimore.
Dies ist eine eher untypische Vorgehensweise.
Experten sind der Meinung, dass dies einer der Ansätze von Papst Franziskus ist, den Karrierismus in der Kirche loszuwerden. So sagt er im Jahr 2014, bei seinem ersten Konsistorium, zu den neuen Kardinälen: “Die Kardinalswürde bedeutet keine Beförderung, es ist weder eine Ehrung noch eine Auszeichnung. Es ist einfach ein Dienst, bei dem Sie ihren Blick erweitern und Ihre Herzen öffnen müssen.”
Die ungeschriebene Regel besagt, dass normalerweise ein Erzbischof vor einem Bischof, der ein Suffraganbistum dieser Erzdiözese leitet, in das Kardinalskollegium aufgenommen wird, aber Papst Franziskus folgt dieser Regel nicht immer.
Zum Beispiel erhob er den Bischof von Les Cayes auf Haiti (Kardinal Chibly Langlois) vor dem Erzbischof von Port-au-Prince oder den Bischof von David in Panama (Kardinal José Luis Lacunza Maestrojuán, OAR) vor dem Erzbischof von Panamá. Auch der Bischof von Huehuetenango in Guatemala (Kardinal Álvaro Leonel Ramazzini Imeri) wurde vor dem Erzbischof von Los Altos Quetzaltenango-Totonicapán zum Kardinal ernannt.
Er erhob im Jahr 2017 sogar den Weihbischof von San Salvador (El Salvador) anstelle des Erzbischofs, aber dazu nachher mehr.
Dies gibt den Eindruck als gehe es dem Oberhaupt von rund 1.3 Milliarden Katholiken in erster Linie um die Personen, welche er in das Kardinalskollegium aufnimmt und nicht um das Amt, welches diese innehaben oder welches Bistum sie leiten.
Eine universelle Kirche
Von Anfang an hat Papst Franziskus deutlich gemacht, dass er eine universelle Kirche will, die sich nicht nur auf den Westen konzentriert, sondern auch den kleineren katholischen Gemeinschaften eine Stimme gibt und dies versucht er vor allem auch über die Kardinalserhebungen zu erreichen.
Natürlich hatte noch nicht jedes Land der Welt einen Kardinal, jedoch hat Papst Franziskus bereits 16 Ländern (Haiti, Cabo Verde, Myanmar, Panama, Tonga, Zentralafrika, Bangladesch, Lesotho, Schweden, El Salvador, Laos, Mali, Marokko, Luxemburg, Brunei und Ruanda) ihren ersten Kardinal gegeben.
Franziskus sagte einmal in Bangladesch, bei einem Treffen mit Jesuiten, “Beim Ernennen der Kardinäle versuchte ich, kleine Kirchen, die in den Randgebieten wachsen, zu betrachten. Nicht um diesen Kirchen Trost zu spenden, sondern um eine klare Botschaft zu übermitteln: Die kleinen Kirchen, die in der Peripherie wachsen und heutzutage keine alten katholischen Traditionen haben, müssen mit der Universalkirche, mit der ganzen Kirche sprechen. Ich habe das Gefühl, dass sie uns etwas beibringen können.”
Wenn Ihnen dieser Beitrag gefällt, dann abonnieren Sie doch bitte meinen Blog, damit Sie von nun an keinen Beitrag mehr verpassen:
Ein Bistum, ein wahlberechtigter Kardinal
Der Grund, warum einige Bischöfe von einem traditionellen “Kardinalsbistum” noch nicht die Kardinalswürde erhalten haben, könnte auch damit zusammenhängen, dass das Bistum noch einen wahlberechtigten Kardinal hat.
Es scheint so als wolle Papst Franziskus nur einen Kardinal haben, welcher ein Bistum in einem zukünftigen Konklave vertritt. Zwei Beispiele aus Spanien, eines aus der Demokratischen Republik Kongo und eines aus den USA können ein kleiner Beweis für meine These sein.
Juan José Omella wurde im Jahr 2015 zum Erzbischof von Barcelona ernannt, jedoch erst im Juni 2017 in das Kardinalskollegium aufgenommen. Sein Vorgänger, Kardinal Lluís Martínez Sistach, ist im April 2017 80 Jahre alt geworden und hat somit sein Recht in einem Konklave teilnehmen zu können verloren.
In Madrid gab es bereits im Jahr 2014 einen Wechsel in der Führung des Erzbistum als dort Carlos Osoro Sierra für Kardinal Antonio Rouco Varela die Leitung übernahm. Letzterer wurde im August 2016 80 Jahre alt, woraufhin Sierra im November desselben Jahres in das Kardinalskollegium aufgenommen wurde.
Nur zwei Tage vor dem 80. Geburtstag von dem emeritierten Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya, erhielt sein Nachfolger Fridolin Ambongo Besungu O.F.M. Cap., das Kardinalsbirett.
Im vergangenen Jahr wurde Wilton Gregory, Erzbischof von Washington, zum Kardinal erhoben, nachdem sein Vorgängern Kardinal Donald Wuerl im selben Monat sein Wahlrecht in einem Konklave verlor.
Dies erklärt dann vermutlich auch, warum der Erzbischof von Mailand, Mario Delpini, noch nicht zum Kardinal erhoben wurde, obwohl er von Papst Franziskus zu seinem aktuellen Posten ernannt wurde und auch einen sehr pastoralen Charakter hat, so wie ihn sich dieser von Bischöfen erwünscht. Der emeritierte Erzbischof von Mailand, Kardinal Angelo Scola, wird erst im November dieses Jahres sein 80. Lebensjahr vollenden und ich gehe stark davon aus, dass im kommenden Jahr dann Delpini in das Kardinalskollegium aufgenommen werden wird.
Anerkennung für ein leidendes Volk oder einen besonderen Dienst
Häufig benutzt Papst Franziskus die Kardinalswürde auch als Anerkennung für besondere Ereignisse, wie es schon so viele Päpste vor ihm getan haben.
Ein Kardinalsbirett gab es im Jahr 2018 für den Erzbischof von L’Aquila, Giuseppe Petrocchi, nachdem das Bistum von einem katastrophalen Erdbeben im Jahr 2009 getroffen wurde. Die Kardinalserhebung von Mario Zenari, dem Apostolischen Nuntius in Syrien, galt als Anerkennung für seinen Dienst in diesem Land, nachdem er sich unter anderem verweigerte das Land zu verlassen als sich der dortige Bürgerkrieg verschlimmerte. Mit der Erhebung des Weihbischofs von San Salvador, Gregorio Rosa Chávez, erkannte er indirekt den Dienst des heiligen Oscar Romero an, von welchem Chávez ein enger Vertrauter war.
Auf Probleme und Missstände aufmerksam machen
Einige Probleme und Missstände in der Welt erhalten im Pontifikat Franziskus` besonders große Aufmerksamkeit und dies spiegelt sich auch in seinen Kardinalserhebungen wieder. Bei keinem Konsistorium wird dies vermutlich deutlicher als im Jahr 2019. Im Oktober 2019 wurden besonders Bischöfe (und ein Priester, welcher jedoch am Tag zuvor zum Bischof geweiht wurde) mit dem Kardinalsbirett ausgestattete, welche sich in der Arbeit mit Migranten und im Interreligiösen Dialog ausgezeichnet haben.
Allgemein nimmt er, um wieder auf den ersten Punkt zurückzukommen, Bischöfe von großen Diözesen scheinbar nur auf, wenn sie nahe an seinen Visionen der Katholischen Kirche stehen. Aber selbst dann nimmt Franziskus diese wiederum nicht unbedingt direkt in seinem nächsten Konsistorium in das Kardinalskollegium auf, sondern wartet unter Umständen noch, auch wenn es keine Papstwähler mehr in diesem Bistum gibt.
Ein Beispiel hierfür ist der Erzbischof von Bologna, Kardinal Matteo Zuppi, welcher im Jahr 2019 von Franziskus in das Kardinalskollegium aufgenommen wurde. Zuppi wurde im Jahr 2015 von Papst Franziskus zum neuen Erzbischof von Bologna ernannt, wo er Kardinal Carlo Caffarra ersetzte. Dieser verstarb bereits im Jahr 2017 im Alter von 79 Jahren, jedoch wurde Matteo Zuppi nicht direkt im Jahr 2018 in das Kardinalskollegium aufgenommen.
Eine Kardinalsernennung für ein besuchtes Land
Eine weitere Gewohnheit, welche Papst Franziskus bei seinen Kardinalsernennungen entwickelt hat ist folgende: Es gibt eine Kardinalsernennung für ein Land, welches Papst Franziskus im Laufe des letzten Jahres besucht hat oder er in den kommenden Monaten besuchen wird.
Im Jahr 2019 wurde mit dem Erzbischof von Rabat, Cristóbal López Romero S.D.B., ein Bischof aus dem Land Marokko in das Kardinalskollegium erhoben, welches im März 2019 von Papst Franziskus besucht wurde. Im Jahr 2018 wurde mit Pedro Barreto S.J., dem Erzbischof von Huancayo, ein Bischof aus dem Land Peru aufgenommen, welches er im Januar 2018 besuchte. Und so kann man das, bei so gut wie jedem, der bisher sieben Konsistorien von Papst Franziskus sehen.
Einer Tradition bleibt Papst Franziskus jedoch treu (mit Ausnahme)!
Trotz all dem bleibt Franziskus seinen Vorgängern bei einem gleich: Alle Kurienämter, welche normalerweise von einem Kardinal bekleidet werden, sind auch unter Franziskus von einem Kardinal bekleidet. Aber auch hier gibt es eine Ausnahme: Franziskus nimmt diese häufig nur auf, wenn er sie auch an diesen Posten bestellt hat!
Ein Beispiel hierfür ist der Archivar des Vatikanischen Apostolischen Archivs und Bibliothekar der Vatikanischen Apostolischen Bibliothek in der Römischen Kurie, welcher im Normalfall ein Kardinal ist. José Tolentino de Mendonça, der aktuelle Inhaber dieses Amtes, wurde im letzten Jahr in das Kardinalskollegium aufgenommen, jedoch wurde sein Vorgänger Jean-Louis Brugues OP nicht in das Kardinalskollegium aufgenommen. Der Grund liegt wohl darin, dass Brugues noch im Jahr 2012 von Papst Benedikt XVI. ernannt wurde, welcher dann im Jahr 2018 von Mendonça ersetzt wurde.
Fazit
Durch die bisherigen Kardinalsernennungen wird der Charakter des Pontifikats von Papst Franziskus deutlich widergespiegelt! Die Stichpunkte heißen dabei vor allem Universalität und Pastoralität.
Wenn Ihnen dieser Beitrag gefällt, dann können Sie den Blog unterstützen, indem Sie den Beitrag teilen: