Die Wahl des Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz als Vorzeichen für das nächste Konklave?
Im Mai wird die fünfjährige Amtszeit von Kardinal Gualtiero Bassetti (79) als Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz (CEI) auslaufen, und viele Augen werden auf die Ernennung seines Nachfolgers gerichtet sein, denn obwohl diese Entscheidung letztlich von Franziskus getroffen wird, gibt sie uns einen guten Einblick in die aktuelle Denkweise der italienischen Bischöfe.
Eine Besonderheit der italienischen Bischofskonferenz ist, dass sie die einzige Bischofskonferenz ist, bei der der Papst den Vorsitzenden und den Generalsekretär ernennt. In fast allen anderen Konferenzen wird der Vorsitzende gewählt (in Belgien beispielsweise ist der Erzbischof von Mecheln-Brüssel der Vorsitzende "ex officio"). Allerdings bekommt der Papst bei seiner Entscheidung Unterstützung von den Bischöfen, so dass die Wahl des neuen Vorsitzenden während einer Generalversammlung der Bischofskonferenz stattfindet und jeder Bischof für denjenigen stimmt, den er als nächsten Vorsitzenden sehen möchte. Die Namen der drei Bischöfe, die die meisten Stimmen erhalten haben, werden dem Papst in einer Terna überreicht. 2017 erhielt Kardinal Bassetti mit Abstand die meisten Stimmen, was Franziskus die Entscheidung leicht machte.
Die Wahl des Vorsitzenden als Vorzeichen für ein mögliches nächstes Konklave?
Die Frage ist nun natürlich, warum uns das interessieren sollte. Nun, Italien stellt derzeit mit 20 stimmberechtigten Kardinälen den größten Block von Papstwählern. Auch wenn nicht alle dieser Kardinäle Diözesanbischöfe sind, sind einige von ihnen sogar Kandidaten für den Vorsitz der Bischofskonferenz. Wenn einer von ihnen von den Bischöfen als Favorit angesehen und dann sogar von Franziskus zum Vorsitzenden gewählt wird, könnte dies bereits ein kleines Zeichen dafür sein, dass er auch in einem Konklave ein möglicher Kandidat sein kann.
Auf den ersten Blick scheint dies alles weit hergeholt, da die Mehrheit der italienischen Diözesanbischöfe keine Kardinäle sind. Tatsächlich wurde beispielsweise Kardinal Bassetti von einer großen Mehrheit der italienischen Bischöfe gewählt, was allgemein als Bestätigung der "bergoglianischen" Position angesehen wurde. Das bedeutet nicht, dass Bassetti nun selbst ein Kandidat für das Papstamt ist, sondern dass die Ansichten von Franziskus auch innerhalb der italienischen Bischofskonferenz geteilt werden. Die Position des neuen Vorsitzenden und die Kommentare der italenischen Kardinäle zu dieser Wahl können uns jedoch in der Regel ein sehr klares aktuelles Meinungsbild vermitteln. Obwohl die letzten drei Päpste keine Italiener mehr waren, sind italienische Kardinäle immer wichtige Stimmen in einem Konklave und sollten es auch trotz der "Gloablisierung" des Kardinalskollegiums bleiben.
Es sollte hier angemerkt werden, dass die Wahl der Bischöfe in dieser Frage ausschlaggebend ist, nicht unbedingt die Wahl von Franziskus' endgültigem Kandidaten.
Wer wird aktuell gehandelt?
Aber das scheint nicht der Fall zu sein, wenn man die Namen hört, die derzeit auf diese Weise gehandelt werden. Tatsächlich wird vor allem ein Name für diesen Posten gehandelt, was keineswegs überraschend ist und mich zu der Aussage veranlasst, dass die bevorstehende Wahl des Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz eine Vorahnung auf den nächsten Papst sein könnte: Kardinal Matteo Zuppi (66), Erzbischof von Bologna!
Zuppi gilt seit seiner Erhebung in das Kardinalskollegium als papabile und dort sogar als einer der aussichtsreichsten Kandidaten. Zuppi ist eine Person, die mit beiden Lagern der Kirche (diese Bezeichnung gefällt mir übrigens immer noch nicht) auskommen kann. So wird er von "Progressiven" respektiert, weil er in den für sie so wichtigen sozialen Fragen Stellung bezieht, z.B. zum Thema gleichgeschlechtliche Paare, so schrieb er das Vorwort zur italienischen Ausgabe des Buches "Title" des umstrittenen P. James Martin SJ. Außerdem hat er letztes Jahr ein Buch mit dem Titel "Fratelli tutti. Davvero" veröffentlicht, in dem er mit 12 Personen - von jung bis alt - über das Thema "Brüderlichkeit" sprach und das sehr gut aufgenommen wurde, und zwar nicht nur von der vermeintlichen Zielgruppe für solche Werke.
Viele "konservative" Beobachter sehen in ihm ein mögliches “geringstes Übel”, so ist er in der Tat - ebenso wie Kardinal Bassetti - der Alten Messe nicht abgeneigt und besucht oft das Seminar des traditionalistischen Institut Christus König und Hoherpriester in Gricigliano bei Florenz und zelebriert für sie Heilige Messen oder leitet die Pontifikalvesper.
La Repubblica verglich Zuppi mit Kardinal Antonio Poma, der ebenfalls Erzbischof von Bologna war und von 1969 bis 1979 an der Spitze der italienischen Bischofskonferenz stand. Zuppi “ist mit der Gemeinschaft Sant'Egidio verbunden und versteht es, Seelsorger für alle zu sein, von den Dossettianern [Giuseppe Dossetti war ein bekannter antifaschistischer Priester im 20. Jahrhundert] bis zu den konservativeren Sektoren, die mit seinem Vorgänger [Kardinal] Carlo Caffarra verbunden sind.”
Wie viele Beobachter, darunter La Repubblica, anmerken, ist Zuppi ein guter Vermittler und seine Beziehungen zu beiden Lagern der Kirche könnten ihn zu einem idealen Kandidaten für die italienische Bischofskonferenz machen. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass gerade diese Eigenschaft ihn auch zu einem erstklassigen Kandidaten für das Papstamt macht, zumal er auch mit der Arbeit der Kurie sehr vertraut ist - Zuppi stammt aus Rom und war vor seiner Ernennung in Bologna Weihbischof von Rom.
Weitere Kandidaten
Der Erzbischof von Modena-Nonantola, Erio Castellucci (61), gilt ebenfalls als Spitzenkandidat, aber da es hier darum geht, die Wahl des Präsidenten mit dem nächsten Konklave zu verbinden, werden wir kurz einen anderen Spitzenkandidaten betrachten: Kardinal Augusto Paolo Lojudice (57), Erzbischof von Siena-Colle di Val d'Elsa-Montalcino!
Mit Lojudice haben wir direkt den nächsten ehemaligen Weihbischof von Rom im Rennen, aber er wird allgemein (noch) nicht als papabile gehandelt. Das Interessante an ihm ist, dass er in Interviews mehr oder weniger offen sagt, dass er ein Kandidat ist bzw. diese Tatsache nicht abstreitet, außerdem sagte er in einem Interview mit La Nazione Siena, dass er nicht weiß, ob er Weihnachten 2022 noch in Siena sein wird. Sein Name wird nicht mit Positionen an der Kurie in Verbindung gebracht, aber seine Verbindung zu Rom und die eher überraschende Erhebung in das Kardinalskollegium im Jahr 2020 würden es Sinn ergeben.
“Es ist sinnlos zu sagen, dass ich nicht zu den Kandidaten gehöre, alles ist möglich.” - Kardinal Lojudice im Interview mit La Nazione Siena
Auf jeden Fall wird Lojudice zweifelsohne dem "bergoglianischen" Lager zugerechnet, und seine Wahl zum Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz dürfte in gewisser Weise Kontinuität bedeuten.
Mit den Kardinälen Ugo Poletti und Camillo Ruini waren zwei der letzten vier Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz auch Generalvikar der Diözese Rom, so dass es nicht weit hergeholt ist, dass auch Kardinal Angelo De Donatis (68) für das Amt in Frage kommt, auch wenn ich denke, dass es derzeit eher die Meinung der italienischen Bischöfe ist, dass sie einen Vorsitzenden von außerhalb Roms wollen.
Abschließende Bemerkung
Abschließend kann ich die Theorie noch einmal so kurz wie möglich zusammenfassen: Die Wahl des Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz wird uns einen Einblick in die Ansichten der italienischen Bischöfe geben, und da die italienischen Kardinäle wichtige Ansprechpartner im Kardinalskollegium sind, kann uns dies einen Einblick geben, in welche Richtung sich die italienischen Kardinäle in einem möglichen Konklave neigen würden. Wenn Kardinal Zuppi mit großer Mehrheit der Favorit für den Vorsitz ist - wonach es derzeit aussieht, wie italienische Medien berichten - dürfte er seinen Status als papabile festigen, ob es ihm gefällt oder nicht.
Alle Informationen über den Ausgang der Wahl, die voraussichtlich im Mai stattfinden wird, lesen Sie natürlich hier!